Bestimmungen über die Errichtung bombensicherer Bauwerke
Quelle
Berlin, den 28. November 1939

Der Reichsminister der Luftfahrt
und Oberbefehlshaber der Luftwaffe
Gen.z.b.V.b.Gen.Insp.d.Lw.
Az.41 L 56 14 -L.In.13/5e Nr.7728/39g            G e h e i m !


Betrifft: Bestimmungen über die Errichtung bombensicherer Bauwerke.

Die nach der Herausgabe des Erlasses DRdLuObdL - L.In. 13/5e Nr. 6593/39g vom 13. Mai 1939 gemachten Erfahrungen geben Veranlassung, den Erlaß in einigen Punkten abzuändern. Die Neufassung wird nachfolgend bekanntgegeben. Der Erlaß vom 13. Mai wird aufgehoben.

Bei der Errichtung bombensicherer Bauwerke gegen mittel­schwere übliche Abwurfmunition gelten die nachfolgend angegebenen Bemessungs­angaben.


I. Schutzdecken bombensicherer Bauwerke.

Die oberste Decke bombensicherer Sonderbauten ist in Beton oder Eisenbeton auszuführen.

  1. Decken aus bewehrtem Beton müssen eine Mindestdicke von 1,40 m mit einem Zementgehalt von 300 kg je m³ fertigen Betons aufweisen. sie müssen in einer der nachfolgenden Bewehrungsarten ausgeführt sein.
    1. Kubische Bewehrung.
      Bei der kubischen Bewehrung sind Rundeisen von mindestens 10 mm Durchmesser bei einem Maschenabstand von 15 cm (zulässige Toleranz: 1 cm) zulässig.
    2. Sonderbewehrungen,
      soweit bisher Vertriebsgenehmigungen von der Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz vorliegen:
      Spiralbewehrung (Patent Dyckerhoff & Widmann)
      Entsprechend der erteilten Vertriebsgenehmigung für Spiral­bewehrung muß das Mindestgewicht der Bewehrung 70 kg je m³ fertigen Betons betragen.
      Gitterraumbewehrung (Patent Luzbau GmbH.)
      Entsprechend der erteilten Vertriebsgenehmigung für die Gitterraum­bewehrung muß das Mindestgewicht der Bewehrung 58 kg je m³ fertigen Betons betragen.
    Alle Bewehrungsarten sind im Innern der Decken auf eine Höhe von mindestens 1,30 m anzuordnen. Die Betonüberdeckung darf oben und unten höchstens 5 cm betragen.
  2. Decken aus unbewehrtem Beton müssen eine Mindestdicke von 2,00 m mit einem Zementgehalt von 300 kg je m³ fertigen Betons aufweisen.
    Nicht nur die statische Standsicherheit des Bauwerks muß gewährleistet sein (z.B. durch Gewölbeform), sondern auch die zusätzlichen dynamischen Beanspruchungen beim Auftreffen von Sprengbomben darf (!) die Decke nicht zum Einsturz bringen. Da ein genaues Rechnungs­verfahren nicht vorliegt, kann die Sicherheit gegen Einsturz als vorhanden angenommen werden, wenn die Decke so gewölbt ist, daß die Stützlinie bei Berücksichtigung der statischen Belastung durch ständige Last und einer etwa vorhandenen Verkehrslast innerhalb des Querschnittkernes verläuft. Bei waagerechten Decken kann die Sicherheit gegen dynamische Beanspruchung als nachgewiesen angenommen werden, wenn die größte Spannweite der Decke nicht größer als das Doppelte der Dicke der Decke beträgt. (Bei 2,00 m Dicke als nicht mehr als 4,00 m Spannweite).


II. Schutzwände bombensicherer Bauwerke.

  1. Wände aus bewehrtem Beton müssen eine Dicke von mindestens 1,10 m aufweisen und entsprechend den vorgenannten Bedingungen für bombensichere Decken ausgeführt sein.
  2. Wände aus unbewehrtem Beton müssen eine Mindestdicke von 2,00 m aufweisen und den vorgenannten Bestimmungen für Decken aus unbewehrtem Beton - mit Ausnahme der Bedingungen über die lichte Stützweite - entsprechen.
Die genannten Dicken zu 1. und 2. für Wände gelten in Höhe der Erdgleiche. Es ist zulässig, die Dicke der Wände nach oben hin auf je 1,00 m, bei bewehrten Decken um 3 cm, bei unbewehrten Wänden um 5 cm zu ermäßigen, so daß in 10 m Höhe über der Erdgleiche bei bewehrten Wänden eine Mindestdicke von 80 cm, bei unbewehrten Wänden eine Mindestdicke von 1,50 m erreicht wird. Die letztgenannten Mindestdicken dürfen nicht weiter unterschritten werden.
Bewehrte Betonwände unter Erdgleiche sind mindestens 1,80 m, unbewehrte Betonwände sind mindestens 3,00 m dick auszuführen.

Bei Gasschleusen ist die Wanddicke abhängig von der Breite der Türen und der Lage der Türschwellen über Erdgleiche. Sie ist aus nachstehender Tabelle zu entnehmen:
Lage der Türschwellen über ErdgleicheTürbreiteDicke der Gasschleusenwände
EisenbetonStampfbeton
bis 3,00 mbis 1,00 m
über 1,00 m
0,40
0,80
0,60
1,20
über 3,00 mbis 1,00 m
über 1,00 m
0,30
0,60
0,45
0,90

Für Wände sind bei Ausführung in bewehrtem Beton in Richtung der kleineren Spannweite Eiseneinlagen mit einem Querschnitt von mindestens 0,30 % des Betonquerschnittes vorzusehen. Die Bewehrung ist beiderseitig anzuordnen.
Die Breite der Gründung muß bei allen Bauten unbeschadet der statischen Anforderungen mindestens 2,50 m betragen. Eine Mindesttiefe von 1,00 m unter Erdgleiche für die Sohle der Gründung ist einzuhalten.
Soweit die Gründung unmittelbar auf gewachsenen Fels erfolgt, kann die Zulassung von Abweichungen von dieser Forderung bei der baugenehmigenden behördlichen Stelle erfolgen.


III. Schutz und Bemessung der Zugänge.

  1. Jede Luftschutzraumanlage als Sonderbau muß mindestens 2 Zugänge ausweisen. Die Türöffnungen müssen eine Mindestentfernung von 5 m in senkrechter, waagerechter oder schräger Richtung, gemessen an dem dazwischenliegenden Betonmauerwerk, aufweisen.
  2. Die Zugänge sind trittsicher herzustellen und sind gegebenenfalls in geknickter Linienführung oder mit entsprechenden Baumaßnahmen zum Schutz gegen Bombensplitter anzulegegen, jedoch derart, daß ein ungehinderter Zustrom der Schutzsuchenden zur Luftschutz­raumanlage gewährleistet ist.
  3. Die Raumabschlüsse der Sonderbauten müssen nach DIN 4104 ausgebildet sein. Türen mit Durchgangsbreiten über 1,60 m sind nicht zulässig. Bei der Berechnung der notwendigen Anzahl der Türen ist davon auszugehen, daß auf Türen von
    0,90 - 1,00 m Durchgangsbreite nicht mehr als 125 Personen,
    1,60 m Durchgangsbreite nicht mehr als 200 Personen
    angewiesen sein dürfen.
  4. Für jede üder Erdgleiche gelegene Tür ist außen eine Treppe, Rampe oder dgl. vorzusehen. Treppen dürfen nicht steiler als im Verhältnis der Höhe zur Breite wie 1:1 1/4, Rampen mit einem Steigungsverhältnis nicht steiler als im Verhältnis 1:5 ausgeführt werden. Müssen ausnahmsweise 2 Türen an einer Treppe oder Rampe liegen, so darf die Breite der Treppe oder Rampe nicht kleiner sein als die Summe der Lichtweiten der Türen. Die Rampen oder Treppen müssen in leichtester Bauart, z.B. in Holz, Stahl mit Trittstufen und Podesten aus Gitterrosten ausgeführt werden.


IV. Trennwände.

An die Trennwände innerhalb bombensicherer Bauwerke werden keine Anforderungen gestellt, soweit sie nicht Wände der Gasschleuse sind. Insbesondere brauchen sie nicht splittersicher und gasdicht zu sein, da im Innern eines bombensicheren Bauwerkes nicht mit den Wirkungen von Luftangriffsmitteln zu rechnen ist. Das gleiche gilt für Türen oder sonstige Raumabschlüsse in den Trennwänden. Die Schutzwände der Gasschleusen gelten in diesem Sinne nicht als Trennwände, da sie die Wirkungen von Sprengbomben, die vor einem Zugang zerknallen, abzuschirmen haben.


Im Auftrag
gez. Löfken

[Es folgt der Verteiler - hier ohne Abschrift]
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