Der Bunker am Madamenweg 130 wurde 1941/42 von der Baufirma Philipp Holzmann errichtet. Den Entwurf lieferte der damalige Stadtbaudirektor Dr. Kurt Piepenschneider
(Modell). Der Bunker sollte regulär 1500
Menschen aufnehmen (1200 Liege- und 300 Sitzplätze) und war damit der größte der Braunschweiger Luftschutzbunker. Um der großen Zahl der Schutzsuchenden
schnellen Zutritt zu ermöglichen, wurde ein Turm gebaut, in dem sich ein stufenloser rampenartiger Aufgang zu den einzelnen Etagen befand 1.
Der Bunker beherbergte daneben auch Dienststellen, so z. B. die Luftschutzleitung der braunschweiger Ordnungspolizei (bis diese 1944 in den gerade
fertiggestellten Nussberg-Bunker umzog). Die Baukosten betrugen insgesamt rund 1,3 Mio. Reichsmark.
Im März 1945 erhielt der Bunker einen Volltreffer einer 30-Zentner-Sprengbombe auf die Bunkerdecke. Die Bombe prallte jedoch an der Decke ab und detonierte
neben dem Bunker. Der gesamte gewaltige fünfetagige Betonbau (immerhin fast 50 Meter lang und 13 Meter hoch) bebte und wackelte. Im Inneren fiel das Licht aus,
die Menschen schrien und gerieten in Panik. Aber die Bunkerdecke hielt stand: Der Aufprall der Bombe riss lediglich einen flachen, etwa waschschüsselgroßen
Krater in die Decke.
Nach Kriegsende wurde der Bunker von der Entmilitarisierungsabteilung der britischen Armee (Disarmament Branch) unter der Nummer 1948 erfasst (s. Bild oben;
weitere Nummern hier). Zu einer Sprengung oder Entfestigung kam es jedoch nicht. Das Bauwerk diente dann
kurzzeitig als Notunterkunft für Vertriebene und später auch für Flüchtlinge aus der damaligen Sowjetzone. Ab Herbst 1947 wurden diese Flüchtlinge jedoch in das zentrale
Aufnahmelager nach Uelzen geschickt, und der Bunker Madamenweg wurde in der Folgezeit zur Dauerunterkunft für wohnungslose Rentner und Entwurzelte
des Krieges, die hier unter unwürdigen Bedingungen lebten. 1968 wohnten im Bunker noch 30 Familien, in Spitzenzeiten belegten bis zu 700 Personen die
Räumlichkeiten. Im Jahr 1971 betrug die Miete für eine Wohneinheit 0,15 DM pro Tag. Der Wohnraum im Bunker hatte einen schlechten Ruf und galt als eine berüchtigte
Adresse. 1974 wurde dieser Zustand schließlich beendet und die Behausung geschlossen.
Zehn Jahre später, 1984, wurde damit begonnen, den Bunker Madamenweg im Rahmen des Zivilschutzes wieder herzurichten. Die Zwischenwände der alten
Raumaufteilung wurden entfernt, neue Stahltüren eingesetzt und eine moderne Belüftungsanlage installiert. Zu einer Ausstattung mit Bänken, Liegen usw. kam
es jedoch nicht mehr. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde dann der weitere Ausbau endgültig eingestellt.
Ende der 1990er wurde der Bunker an einen Architekten verkauft, der beabsichtigte, den Bau zu einer Wohnanlage mit 20 Wohnungen umzubauen. Erste Vorarbeiten
wurden durchgeführt und Öffnungen in die Seitenwände des Bunkers geschnitten (Bild).
Zu weiteren Arbeiten kam es dann aber erstmal nicht mehr, später wechselte das Bauwerk erneut den Eigentümer. Im Jahr 2002 wurde schließlich der Plan einer
Investorengruppe bekannt, der vorsah, den Bunker bis zum Herbst 2004 in ein Wohn- und Geschäftshaus umzuwandeln. Dazu sollten nahezu 4 Millionen Euro investiert
werden. Durch veränderte Planungen wurde die Fertigstellung dann auf den Herbst 2005 verschoben, jedoch wurde auch dieser Termin nicht eingehalten.
Nutzer des Bunkers war zwischenzeitlich der Braunschweiger Airsoft Verein, der den Bunker als Trainingsstätte verwendete, später erfolgte eine kurze Nutzung als
Diskothek (Bunker 26).
Mit Beginn des Jahres 2012 werden wieder Umbaumaßnahmen aufgenommen. Ziel ist es, in und auf dem Bunker bis zum August 2013 45 Eigentumswohnungen zu schaffen, deren
Preis zwischen 85.000 und 330.000 Euro liegen soll. Ende Februar 2012 ist bereits der Splitterschutzvorbau am Turmeingang beseitigt und es wird mit dem Durchbruch
der Bunkerdecke begonnen. Ebenso werden in die Außenwände an zahlreichen Stellen weitere Öffnungen geschnitten. Insgesamt fallen dabei über 140 Sattelschlepperladungen
Betonbrocken an. Die Umbauarbeiten wurden dann im Jahr 2014 vollendet.
Bunker Madamenweg 1945
Bunker Madamenweg 1993
Erste Umbauarbeiten 1999
Zustand 2011
Umbauarbeiten 2012
Umbauarbeiten August 2012 - Seitenansicht
Umbauarbeiten August 2012
Letzte Umbauarbeiten Juli 2013
Fertiger Umbau 2014 - Foto: U. Hillmann
Am 1. Mai 2003 konnte der Bunker Madamenweg letztmalig vor dem damals beabsichtigten Umbau besucht werden. Der Andrang war erstaunlich groß, und mehrere hundert Menschen liefen durch die ehemaligen Bunkerräume und -gänge. Die Fotos der Fotostrecke links stammen von diesem Tag. Originale Einrichtungsgegenstände aus der Bauzeit gab es aber nicht mehr zu sehen...