Die Reichsanstalt für Luftschutz (auch bezeichnet als Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz, RL) ging am 1. April 1935 aus der preußischen Luftschutz-
und Luftpolizeischule hervor. Organisatorisch war sie vollständig dem Reichsluftfahrtministerium unter Hermann Göring unterstellt und hatte zusammen mit der
Reichsluftschutzschule und der Luftpolizeischule ihren Sitz in der Friesenstraße 16, Berlin-Kreuzberg.
Die wesentlichen Aufgaben lassen sich in zwei große Bereiche aufteilen:
- Die Schulabteilung befasste sich mit der Ausbildung und Schulung von Personen in öffentlichen und leitenden Stellungen. Dazu gehörten u. a. die oberen
Ränge des Werkluftschutzes, örtliche Luftschutzleiter, leitende Polizeioffiziere, Ärzte des Luftschutzsanitätsdienstes, Beamte der Baupolizeibehörden,
Feuerwehrführer, leitende Beamte der Stadtverwaltungen und viele mehr.
Sie erhielten behördlich verordnete fünf- bis zehntägige intensive Schulungen in Form von Vorträgen zu allgemeinen und fachspezifischen Themenbereichen des Luftschutzes und praktischen Übungen und Vorführungen an Geräten des Luftschutzes (Löschfahrzeuge, Gasmasken, ...). Die Grundlagen für das in den Schulungen vermittelte Wissen wurden ebenfalls von der Schulabteilung erarbeitet.
Anfang 1942 wurde zudem eine Luftschutz-Lehrkompanie (82 Personen) aufgestellt, die die Aufgabe hatte, LS-Unterführer aus Anlagen der Luftwaffe auszubilden. - Die Prüf- und Versuchsabteilung (Technisch-wissenschaftliche Abteilung) war für die Begutachtung, Prüfung und Weiterentwicklung von technischen Einrichtungen
und Erzeugnissen für Luftschutzzwecke zuständig. Dies geschah in fünf verschiedenen Fachgruppen, die sich mit den Themen Gasschutz und Entgiftung,
Brandschutz / Löschgeräte, Bauwesen / Tarnung / Verdunkelung, Fernmelde- und Alarmwesen und
Luftschutzsanitäts- und Veterinärwesen befassten. Ein wichtiger Punkt war hierbei vor allem die Erteilung von Vertriebsgenehmigungen
nach § 8 des Luftschutzgesetzes. Alle Produkte, die für Luftschutzzwecke hergestellt, beworben und
vertrieben werden sollten, mussten auf ihre Eignung geprüft und genehmigt werden. Grundlage hierfür war die 4.
Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Die Vertriebsgenehmigungen wurden auf Antrag hin erteilt, wenn alle notwendigen Unterlagen
(Zeichnungen, Musterentwürfe, Beschreibungen, ...) eingereicht und positiv bewertet wurden. Genehmigte Luftschutzgegenstände erhielten eine Kenn-Nummer
zugeteilt, mit der sie auch gekennzeichnet werden mussten (Beispiel einer Vertriebsgenehmigung).
Die Reichsanstalt für Luftschutz verfügte über Testgelände bei Rechlin (Luftwaffenerprobungsstelle) und bei Ehra-Lessien nördlich von Wolfsburg. Dort wurden unter z.T. erheblichem Aufwand Versuche im Bereich der Brandbekämpfung, der Entgiftung und der Bautechnik durchgeführt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse flossen wiederum in die Weiterentwicklung und die oben erwähnten Schulungen ein.
Für die Präsentation verschiedener Schutzbauvarianten befand sich auf dem Gelände in der Friesenstraße auch eine 1936-38 erbaute unterirdische Musteranlage und ein fünfgeschossiger Hochbunker, der nach dem Krieg auf Anweisung der Alliierten beseitigt wurde.
Noch heute findet man gelegentlich Typenschilder (Bild) oder Stempelungen, die anzeigen, wann ein Produkt für Luftschutzzwecke zugelassen wurde. Beispiele:
Kenn-Nummer Erläuterung Produkt RL 1-38/4 Freigegeben 1938 durch die RL-Fachgruppe 1 (Gasschutz und Entgiftung), lfd. Nummer 4 VM.37 (Volksgasmaske) der Auergesellschaft RL 2-38/31 Freigegeben 1938 durch die RL-Fachgruppe 2 (Brandschutz), lfd. Nummer 31 Luftschutzhelm RL 3-39/91 Freigegeben 1939 durch die RL-Fachgruppe 3 (Bauwesen), lfd. Nummer 91 Luftschutztür Mauser Certit RL 4-37/45 Freigegeben 1937 durch die RL-Fachgruppe 4 (Fernmelde- und Alarmwesen), lfd. Nummer 45 Alarmsirene der Jurk-Sirenenfabrik RL 5-38/24 Freigegeben 1938 durch die RL-Fachgruppe 5 (Luftschutzsanitäts- und Veterinärwesen), lfd. Nummer 249 Luftschutz-Hausapotheke der Firma E. Pohl & Co.
Daneben verfügte die Anstalt noch über eine Bild- und Filmtechnische Abteilung, die Dias und Filme zu Lehr- und Dokumentationszwecken produzierte. Daneben
wirkte sie noch auf den Prüfgeländen bei der Dokumentation der Versuche mit. Die Abteilung war hervorragend ausgerüstet und konnte alle fototechnischen Aufgaben
selbständig ausführen.
Entsprechend der Vielzahl der Aufgaben existierte auch noch eine Abteilung zur Verwaltung, Koordination und Beschaffung.