Der Bunker Kralenriede

Bild In Braunschweig befanden sich insgesamt 24 öffentliche Luft­schutzbunker, die zusammen 15105 Personen Platz bieten sollten. Das absolute Aufnahme­vermögen betrug aber aufgrund der üblichen Überbelegungen etwa das Vierfache dieser Zahl. Damit galt Braunschweig im Deutschen Reich als führend im Luftschutz­wesen. Dieser Ruf begründete sich auch auf den Versuchen, die das “Institut für baulichen Luftschutz” an der TH (heute TU) Braunschweig ab 1939 im Querumer Forst bei Braunschweig und später auf dem Versuchs­gelände der “Reichs­anstalt für Luftschutz” in Ehra-Lessien bei Wolfsburg durchführte (Bunkerforschung in Braunschweig).
Der Bunker Kralenriede wurde 1941/42 errichtet, ist 31.2 m lang, 16.4 m breit, 13.7 m hoch und besitzt drei Etagen. Wie alle Bauten aus der ersten Bunker­bauphase verfügt er über eine 1,40 Meter dicke Abschluß­decke aus eisenarmiertem Beton und 1,10 Meter starke Seitenwände. Zudem gab es an den Eingängen Gasschleusen gegen Brand- und Giftgase, die Eingangs­bereiche knickten zum Schutz vor Detonations­druckwellen und Splittern mehrfach ab. Als zusätzlicher Schutz vor den befürchteten Gasangriffen konnte in den Bunkern ein leichter Überdruck von bis zu 30 mBar erzeugt werden.
Innerhalb des Bunkers befanden sich zahlreiche kleine Räume (in der Regel 6,05 qm groß), die jeweils zwei Pritschen und Holzbänke enthielten und die Schutz­suchenden aufnahmen. Diese Unterteilung in einzelne Kammern sollte zusätzlichen Schutz bei befürchteten Bomben­durchschlägen bieten. Der Bunker konnte mit gefilterter Luft belüftet und geheizt werden. Meist reichten die installierten Vorrichtungen bei Überbelegung aber kaum aus, so dass es fast immer stickig war und man im Winter fror.
Der Bunker Kralenriede ist einer der am besten im Originalzustand erhaltenen Braunschweiger Bunker. An den Wänden finden sich noch heute zahlreiche angemalte Appelle und Hinweise: “Ruhe bewahren”, “Schleuse freihalten”, “Rauchen verboten” usw. Die noch vorhandenen Überdruck­ventile wurden laut Typenschild 1942 hergestellt, die phosphoreszierenden Orientierungs­markierungen an Wänden und Treppen leuchten zum Teil auch heute noch nach. Die Einbauten zur Luftbehandlung (Sandfilter, Großfilter, Klimatisierung) sind allerdings leider nicht mehr vorhanden.
Beschriftung In dem Bunker, der für 500 Personen ausgelegt war und rund 600.000 Reichsmark gekostet hatte, fanden damals nicht nur Anwohner aus den umgebenden Ortsteilen, sondern auch die Arbeiter der sich in unmittelbarer Nähe befindlichen ‘Büssing NAG Flugmotoren GmbH’ (Nimo) Aufnahme. Dort wurden Flugzeug­motoren (u.a. für die Me109) gebaut. Nach Zeitzeugen­berichten durften jedoch die in den nahen Barackenlagern untergebrachten Kriegs­gefangenen und Zwangsarbeiter nicht in den Bunker oder wurden höchstens in Ausnahme­fällen geduldet. Generell nicht in die Bunker durften auch Ausländer, sogenannte “jüdisch Versippte” und Soldaten in Uniform. So erklärt es sich auch, dass unter den 2905 Bombentoten in Braunschweig allein 1286 Ausländer waren.
Da Braunschweig insgesamt 18 mal das Ziel schwerer Angriffe wurde, bei denen fast die gesamte Altstadt vernichtet wurde, verdanken viele Menschen den Bunkern ihr Leben. Bei einem schweren Angriff am 15. Oktober 1944 kamen in Braunschweig 633 Personen ums Leben. Ein vergleichbarer Angriff vier Wochen zuvor auf Darmstadt forderte etwa 11000 (!) Todesopfer.

Der Bunker ist seit 1996 als Denkmal eingestuft, was ihn jedoch nicht vor unschönen Mobilfunkantennen auf dem Dach bewahrt hat. Die Räumlichkeiten werden heute z.T. als Lager benutzt.

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