Splitterschutzzellen

Die hier gezeigten sogenannten “Einmannbunker”, die auch als Splitterschutzzellen, Luftschutzzellen oder Beobachtungsbunker bezeichnet werden, sind heute noch verhältnis­mäßig zahlreich auffindbar. Dabei ist der Name Einmann­bunker etwas irreführend, da selbst in den engen Betonröhren der kleineren Ausführungen bis zu drei Personen Platz finden sollten. Die damalige offizielle Bezeichnung lautete “Luftschutz-Splitterschutz­zelle”. Gedacht waren die meist fest im Boden verankerten Kleinbunker für Brandwachen (Personen, die bei Bomben­abwürfen das Umfeld beobachten und Lösch- und Bergungs­trupps alarmieren mussten), als Provisorium bis andere Schutzbauten errichtet waren und für Arbeiter, die Aufgrund ihrer Tätigkeiten ihren Arbeitsplatz nicht verlassen konnten (z.B. Schaltwärter im E-Werk, Reichsbahn­angehörige). Einmann­bunker wurden auch für die Wachmann­schaften der zahlreichen Arbeits-, Kriegs­gefangenen- und Konzentrations­lager aufgestellt. Prinzipiell konnten auch Privatpersonen Einmannbunker erwerben und aufstellen.
Die Bauform der Einmannbunker galt jedoch lediglich als splitter- und trümmer­sicher. Voll- oder Nahtreffer von Bomben konnten die Zellen zerstören oder aus dem Fundament reißen. Aus diesem Grund verfügten die Splitterschutzzellen neben der Einstiegsluke auch oft über eine Notausstiegsluke. Gas­sicherheit war nicht gegeben und sollte von den Insassen durch die Verwendung der “Volks­gasmaske” erreicht werden.
In der Anfangszeit waren die “Einmannbunker” noch aus Stahl gearbeitet (Wandstärke 40 mm). Später wurde dies aus Gründen der Material­ersparnis untersagt (der Stahl wurde für die Rüstungs­industrie benötigt) und Zellen aus Stampf- und Stahlbeton wurden produziert. Je nach Hersteller unterschieden sich die Modelle in Ausfertigung, Form und Kapazität. Erst verhältnis­mäßig spät (1943) wurden für die Splitterschutz­zellen Herstellungs­richtlinien heraus­gegeben, die Abmessungen, Baustoffe, Konstruktion und Kenn­zeichnung festlegten. Diese Richtlinien wurden im weiteren Verlauf des Krieges anhand der gemachten Erfahrungen abgeändert und den Gegeben­heiten angepasst. Wurden den Splitterschutz­zellen von der Reichs­anstalt für Luftschutz anfangs noch einzelne RL-Nummern zuerteilt, so erhielten die Zellen, die nach den Bau­richtlinien vom September 1943 gebaut wurden, ab dem 14.Januar 1944 eine Sammel­kennummer (RL3-44/1A). Alle älteren Bauweisen waren danach nicht mehr zugelassen.

Nach dem Krieg fielen auch diese Kleinbauten unter die Demilitarisierungs­vorschriften der Alliierten und mussten zumindest unbrauchbar gemacht werden. Vielfach geschah dies einfach, indem die Türen und Luken entfernt oder heraus­gebrochen wurden. Anderenorts wurden die Fundamente der Einmann­bunker so lange untergraben, bis der Betonzylinder in die entstandene Grube umkippte und einfach übererdet werden konnte. Eine weitere Möglichkeit war die Sprengung oder die Sprengung mit Wasser: um möglichst wenig Sprengstoff zu benötigen, wurde hierbei der Bunker abgedichtet und mit Wasser gefüllt. Die durch das Wasser geleitete Detonations­druckwelle wirkte gleichmäßig auf alle Seiten der Betonröhre und zerstörte sie.
Gelegentlich findet man auch noch unzerstörte Einmannbunker, diese wurden wahrscheinlich einfach übersehen oder standen an nicht einsehbaren Orten.


Bauart “Westermann”

Typenschild Westermann Am weitaus häufigsten im Braunschweiger Raum ist die Luftschutz­zelle der Firma Betonwerk Westermann & Co. aus Broistedt bei Lengede. Sie ist innen 2,20 Meter hoch, hat einen Innen­durchmesser von 1,10 m und ist für maximal zwei Personen konzipiert. Zu erkennen ist sie an ihrem charakteristischen parabel­förmigen Deckel. Die Wand­stärke beträgt 20 cm mit einer einfachen Gitter­armierung. Durch sechs Sehschlitze konnte die Umgebung beobachtet werden. Die Zelle verfügte über eine Einstiegs­luke und einen etwas kleineren Notausstieg. Weitere Daten sind hier verfügbar.

Standorte von Westermann-Zellen
VORSCHAU ORT
Altewiekring
Teilzerlegter Einmannbunker auf dem ehem. Polizeigelände gegenüber der Stadthalle. Entfernt 2018 im Rahmen von Neubaumaßnahmen.
Bienroder Weg (Kralenriede)
Gesprengter Einmannbunker am Rande des “Niemo”-Geländes.
Weiterer gesprengter Einmannbunker
Weiterer gesprengter Einmannbunker
Weiterer gesprengter Einmannbunker
Gotenweg
Dieser Einmannbunker wurde im Herbst 2016 bei Tiefbau­arbeiten aufgefunden und kurz darauf zertrümmert (Bild). Er stand ursprünglich auf dem Bahngelände in Verlängerung des Nord­bahnhofs und diente den Arbeitern der Lokwerkstatt als Schutz.
Hafengelände Braunschweig
Hier wurden einige der alten Einmann­bunker abgeladen. Gut zu erkennen sind die wuchtigen, viereckigen Fundamente, die ein Umstürzen der Einmann­bunker verhindern sollten.
Weiteres Bild
Weiteres Bild
Hagenring/Ecke Zimmerstraße
Dieser Einmannbunker ließ sich anhand eines Zeitungsartikels von 1952 lokalisieren. Er gehörte möglicherweise zur Firma Grotrian-Steinweg (dort befand sich im Krieg ein Flugzeug­reparaturwerk) und könnte als Brandwache gedient haben. Beim Ausbau des Hagenrings in den 1950ern dürfte er dann entfernt worden sein.
Hildesheimer Straße
Dieser Einmannbunker wurde im Frühsommer 2007 bei Tiefbau­arbeiten wieder­gefunden. Er stand im Bereich zwischen der alten Roggenmühle und den Miag-Werken.
Inzwischen wurde dieser Einmannbunker etwas umgestaltet:Bild
Peiner Straße (Völkenrode)
Dieser heute angemalte Einmannbunker befand sich auf dem Gelände der ehemaligen Konserven­fabrik Otto Ebermann.
Rosenstraße
Ein weiterer “Fliegenpilz”-Einmannbunker auf dem Hinterhof. Dort wurden zu Kriegszeiten LKW-Ersatzteile fabriziert.
Abbenrode
Der Einmannbunker steht nahe der Windmühle.
SZ-Barum
Dicht zugewachsener Einmannbunker am Sportplatz Barum.
Börßum
Der teilversenkte Einmannbunker steht an der Zufahrt zum Wasserwerk.
Salzgitter-Beddingen
Angeböschter Einmannbunker im Hafengelände.
nordöstlich Salzgitter-Beddingen
SZ-Beinum
Einmannbunker neben dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenen­lagers 13.
SZ-Bleckenstedt
Einmannbunker auf einem Privatgrundstück im Ort.
westlich SZ-Engelnstedt
Einer der zwei teilversenkten Einmannbunker am Umspannwerk Westernwiese.
Rangierbahnhof Geitelde
Mindestens ein Einmannbunker der Bauart Westermann auf dem Bahngelände.
nördlich Salzgitter-Hallendorf
nördlich Salzgitter-Hallendorf
Einmannbunker am Osteingang des berüchtigten ehem. “Arbeitserziehungs­lagers 21” für Männer.
Entfestigter Einmannbunker an der Südwestecke des ehem. Lagers 21
Entfestigter Einmannbunker am ehem. Frauenlager
südlich Salzgitter-Hallendorf
Dieser Einmannbunker stand am Rande des ehemaligen Arbeits-/Kriegsgefangenenlagers 10.
Salzgitter-Hillenholz
Umgestürzter Einmannbunker. Die Fundamente im Salzgitter­gebiet sind interessanter­weise rund gearbeitet.
Weiterer Einmannbunker
Juliushöh (ehem. Bahnhof Neindorf)
an der stillgelegten und abgebauten Bahnstrecke von Schandelah nach Oebisfelde. Hier befand sich eine Kartoffelflocken­fabrik und der Verlagerungs­betrieb “Kaffee” des Volkswagenwerks.
Salzgitter-Osterlinde
Einmannbunker am Lesser Weg in SZ-Osterlinde.
Salzgitter-Thiede
Vier Einmannbunker im Bereich des Kalischachtwegs, die offenbar dorthin umgesetzt wurden.
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Salzgitter-Watenstedt
Einer der zahlreichen Einmannbunker in und um SZ-Watenstedt.
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Zwischen SZ-Watenstedt und SZ-Leinde
Entsorgter Einmannbunker. Durch das Herausbrechen der Türen galten die Einmannbunker als entfestigt.
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker zwischen SZ-Watenstedt und SZ-Leinde,
der durch Rodungsarbeiten 2010 wieder zum Vorschein kam.
SZ-Westerholz
Einmannbunker im Wald zwischen Friedhof Westerholz und dem Umspannwerk Hallendorf.
SZ-Westerkamp
Einmannbunker für die Wachmannschaft des ehem. Arbeiterlagers SZ-Westerkamp. Der Einmann­bunker wurde im Frühjahr 2009 bei der Einebnung des Lager­geländes entfernt.
Nahe Vechelde
steht dieser Einmannbunker, der wahrscheinlich zur Beobachtung der Schleuse bei Wedtlenstedt und der Kanal­brücke bei Denstorf diente.
Wolfsburg
Einmannbunker der Bauart Westermann, der im Sommer 2011 bei Tiefbauarbeiten an der Oebisfelder Straße in Wolfsburg freigelegt wurde. Der Einmannbunker wurde im August 2011 zum Bunkermuseum in Wilhelmshaven transportiert und dort aufgestellt (Bilder der Umbettung).
Bergung des Einmannbunkers

Zum Seitenanfang


Bauart “Dywidag”

Typenschild Dywidag Besonders im Salzgittergebiet findet man auch noch Ausführungs­arten der Firma Dykerhoff & Widmann KG (Dywidag) aus Cossebaude bei Dresden. Sie sehen etwas gedrungener aus und sind auch niedriger (Lichte Höhe 1,80 m bei einem Innen­durchmesser von ca. 1,10 m), was durch den angeschraubten flachen Beton­deckel kommt. Die Wandstärke beträgt 15 cm (einfache Gitter­armierung), das Fassungs­vermögen betrug laut Typen­schild bis zu drei Personen. Sie verfügen – je nach Ausführung – über zwei oder sechs Seh­schlitze. Weitere Daten sind hier verfügbar.

Standorte von Dywidag-Zellen
VORSCHAU ORT
Arndtstraße
Hier befanden sich zwei Dywidag-Zellen, die wohl für den ehemaligen Industrie­betrieb Bartels aufgestellt wurden. Die Bunker wurden inzwischen entfernt und sollen später als Exponat der Braunschweiger “Zeitschiene” dienen.
Weiteres Bild
Bild des neuen Standorts
nahe Salzgitter-Watenstedt
befinden sich mehrere Dywidag-Zellen.
Weiterer Einmannbunker
Weiterer umgestürzter Einmannbunker
Weiterer Einmannbunker
bei Salzgitter-Heerte
Umgestürzte Einmannbunker der Ausführungsart Dywidag am ehem. Lager “Musekamp”. Die Zellen wurden ohne Fundament aufgestellt!
Weiterer Einmannbunker
Weiterer eingegrabener Einmannbunker

Zum Seitenanfang


Sonstige Bauarten
Bisher nicht eindeutig identifizierte Bautypen im Raum Braunschweig-Salzgitter-Wolfsburg:
VORSCHAU ORT
Alte Frankfurter Straße (Gartenstadt)
Zwei Einmannbunker in der Nähe der ehemals in der Gartenstadt befindlichen Versorgungsbetriebe.
Weiteres Bild
Datenblatt
Borsigstraße, ehem. Reichsbahnausbesserungswerk
In die Erde eingelassener Einmannbunker mit obenseitiger Blechverschlussluke.
Bienroder Weg (Kralenriede)
Rund um den damaligen Rüstungsbetrieb “Niemo” befanden sich zahlreiche Einmannbunker, die nach dem Krieg durch Sprengung entfestigt wurden, so auch diese auffällige und untypische Splitterschutzzelle mit Kegeldach. Sie wurde inzwischen komplett beseitigt (2015).
Weitere baugleiche Splitterschutzzelle
Helmstedter Straße
Bei Tiefbauarbeiten auf dem Gelände eines Autohändlers an der Helmstedter Straße wurde Mitte Dezember 2007 dieser Einmann­bunker ausgegraben. Interessant ist hierbei der dunkel­grüne Anstrich, der möglicherweise noch aus der Kriegszeit stammt. Die Splitter­schutzzelle wurde kurze Zeit nach dem Auffinden zerstört.
Lehre-Kampstüh
Einmannbunker an der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt Kampstüh bei Lehre. Weitere Einmann­bunker befinden sich auf dem Gelände der Muna und dem eines benachbarten ehem. Barackenlagers (Bild | Bild).
Datenblatt
bei Klein Schöppenstedt
Splitterschutzzelle am nördlichen Rand des ehem. Standort­übungsplatzes Herzogsberge, die während des Autobahn-Neubaus im April 2005 freigelegt wurde. Die Zelle hat jetzt einen neuen Standort bei Königslutter gefunden.
Bild des neuen Standorts
Datenblatt
bei Sickte
Splitterschutzzelle am südlichen Rand des ehem. Standort­übungsplatzes Herzogsberge, heute Gelände der Flugmodellbau Kameradschaft Braunschweig e.V.
Herzogsberge
Splitterschutzzelle an einem Zugang des ehem. Standortübungsplatzes Herzogsberge
Wolfenbüttel
Splitterschutzzelle unbekannter Bauart in der Nähe des Schlossgymnasiums
Nahe der Allerbrücke zwischen Fallersleben und Weyhausen
befanden sich diese beiden Einmannbunker. Der Standort muss jedoch nicht der ursprüngliche gewesen sein. Einer der Einmannbunker wurde nach Umbauarbeiten als Denkmal in Weyhausen aufgestellt.
Weiterer Einmannbunker
Weiteres Bild
Datenblatt

In Braunschweig befand sich ein ähnlicher Einmann­bunker auf dem Gelände des Straßenbahn­depots Georg-Westermann-Allee. Er wurde nach dem Krieg jedoch vergraben.
Wolfsburg
Am Klieversberg in Wolfsburg befindet sich diese halb in die Erde eingelassene Splitterschutzzelle, die der Feuerwehr als Beobachtungs­stand bei Bombenangriffen auf die Stadt diente.
Weiteres Bild



Hierbei sei auf Michael Foedrowitz' empfehlenswerte, reich bebilderte Dokumentation
“Einmannbunker – Splitterschutzbauten und Brandwachenstände”
hingewiesen. Näheres siehe Literaturliste.
Wer weitere Einmannbunker in und um Braunschweig kennt oder über ergänzende Informationen verfügt,
der möge bitte mit mir Kontakt aufnehmen.